Die Internationale Arbeiter-Assoziation
Kleine Chronik der ersten Internationale 1862-1881
1862 1863 1864 1865 1866 1867 1868 1869 1870 1871 1872 1873 1874 1875 1876 1877 1878 1881
5. August 1862 |
Vertreter englischer und französischer Arbeiter um Henri Tolain knüpfen auf der Weltausstellung in London Kontakte und beschließen, dass ein „Komitee von Arbeitern“ gebildet werden soll „zum Austausch von Mitteilungen über internationale Industrie“. |
22. Juli 1863 |
Kundgebung in London zur Unterstützung der polnischen Revolution. An ihr nimmt auch eine Delegation Pariser Arbeiter teil, die am nächsten Tag mit englischen Gewerkschaftsführern über die Gründung einer Internationale beraten. Ein englisches Komitee wird eingesetzt, das unter Leitung des brit. Gewerkschaftsführers George Odger eine entsprechende Botschaft an die frz. Arbeiter verfasst. |
10. November 1863 |
Die Botschaft „Address of English to French Workmen“ wird verabschiedet. In ihr heißt es u.a.: „Die Vertreter Frankreichs, Italiens, Deutschlands, Polens, Englands, ja aller Länder, wo sich ein Wille zum Wohle der Menschheit regt, sollen zusammentreten (…) Lasst uns unsere eigenen Kongresse haben! Lasst uns über die großen Fragen sprechen, von denen der Friede der Völker abhängt!“ Ein weiterer zentraler Punkt war die Beseitigung der internationalen Lohnkonkurrenz, der nur durch den Aufbau „einer regulären, systematischen Verbindung der arbeitenden Klassen aller Länder“ begegnet werden könne. Als erster Schwerpunkt gemeinsamer Anstrengungen wird die „Freiheit Polens“ gesetzt. |
April 1864 |
Die von Tolain verfasste Antwort der frz. Arbeiter auf die Botschaft der englischen Arbeiter erscheint. Sie schließt mit der Aufforderung: „Retten wir einander durch Solidarität!“ |
28. September 1864 |
Gründung der IAA auf einem internationalen Kongress mit ca. 2000 Teilnehmern (u.a. aus Frankreich, England, Irland, Italien, Deutschland, Polen, Schweiz) in der St. Martin’s Hall zu London. Mit der Resolution: „Die Versammlung hat die Antwort unserer französischen Brüder auf unsere Botschaft vernommen. Wir heißen sie nochmals willkommen. Da ihr Programm von Vorteil für das arbeitende Volk ist, akzeptieren wir es als Grundlage einer internationalen Vereinigung und beauftragen hiermit ein Komitee mit der Vollmacht, weitere Mitglieder zu ernennen und Statuten und eine Geschäftsordnung einer solchen Assoziation zu entwerfen.“ In dieses provisorische Zentralkomitee (Generalrat) werden 32 Delegierte, darunter auch Marx, gewählt. |
5. Oktober 1864 |
Erste Sitzung des Generalrates der Internationale. Auf ihr wird George Odger zum Vorsitzenden gewählt und die Frage einer Prinzipienerklärung diskutiert. Es wird ein 9-köpfiger Unterausschuss gewählt, der zur nächsten Sitzung einen Entwurf vorlegen soll. |
8. Oktober 1864 |
Erste Tagung des Unterausschusses des Generalrates. Es werden zum einen von Wolff, dem Sekretär Mazzinis, die Statuten des Mazzinischen Bundes als Grundlage für die Statuten der Internationale vorgeschlagen, zum anderen legt der Engländer John Weston eine selbst verfasste Prinzipienerklärung vor. |
11. Oktober 1864 |
Auf der Sitzung des Generalrates werden beide Dokumente zur Überarbeitung an den Unterausschuss zurückverwiesen. |
18. Oktober 1864 |
Auf einer Sitzung des Generalrates werden die überarbeiteten Vorschläge für die Statuten/Prinzipienerklärung vorgelegt. Sie finden abermals nicht die Unterstützung des Generalrates. |
Ende Oktober 1864 |
Marx verfasst einen komplett neuen Entwurf für die Statuten und eine Prinzipienerklärung („Inauguraladresse der Internationalen Arbeiterassoziation“). |
1. November 1864 |
Auf der Sitzung des Generalrates werden die von Marx verfassten Statuten und die Inauguraladresse als Prinzipienerklärung mit geringfügigen Abänderungen einstimmig angenommen. |
22. November 1864 |
Der provisorische Zentralrat erklärt die „The Bee-Hive Newspaper“ (Bee-Hive: „Bienenstock“), das Wochenblatt des Londoner Trades Council, zum offiziellen Organ der IAA. |
Ende Dezember 1864 |
Bildung der Pariser IAA-Sektion unter Federführung von H. Tolain und E. Fribourg. |
27. Januar 1865 |
Gründung der Genfer Sektion der IAA, die die Gründung weiterer Sektionen in der Schweiz initiiert. |
17. Juli 1865 |
Gründung der Brüsseler Sektion der IAA unter Leitung von C. de Paepe. |
25.-28. September 1865 |
Konferenz der IAA in London – anstelle des geplanten Brüsseler Kongresses – mit Vertretern aus England, Frankreich, Belgien und der Schweiz. Der Kongress war auf Betreiben Marx‘ verschoben worden, der aufgrund der ideologischen Auseinandersetzungen in den Reihen der Internationale ein politisches Desaster befürchtete. Auf der Konferenz kommt es zu Auseinandersetzungen über die Polenfrage zwischen Marx und Anhängern Proudhons, da letztere eine Resolution zum Selbstbestimmungsrecht Polens – wie auch alle sonstigen Bemühungen auf national-staatlicher Ebene – ablehnen. |
September 1865 |
Die erste IAA-Sektion in Deutschland gegründet. |
Frühjahr 1866 |
Solidaritätskampagne der IAA zur Unterstützung der streikenden Londoner Schneider. |
Mai 1866 |
Die italienische Arbeiterassoziation in Neapel kündigt ihren Beitritt zur IAA an. |
3.–8. September 1866 |
1. Kongress der IAA in Genf mit 60 Delegierten aus Deutschland, Frankreich, England und der Schweiz. Die von Marx ausgearbeiteten Statuten werden angenommen. In diesen heißt es, „dass die ökonomische Emanzipation der Arbeiterklasse (…) der große Endzweck ist, dem jede politische Bewegung, als Mittel, unterzuordnen ist.“ Es wird ein Zentralrat mit Vertretern der jeweiligen nationalen oder regionalen Organisationen gewählt, dessen Aufgabe es ist, die internationalen Kontakte und Solidarität zu koordinieren, statistische Daten zu sammeln und Publikation zur Entwicklung in den einzelnen Ländern herauszugeben. Es ist vorgesehen, jährlich einen Kongress abzuhalten, der vom Generalrat einzuberufen ist. Jede Sektion, ungeachtet ihrer Größe, hat eine Stimme auf den internationalen Kongressen. Die lokalen Organisationen waren weitgehend autonom und behielten ihre jeweiligen Strukturen bei. |
April 1867 |
Gründung der belgischen IAA-Sektion in Brüssel. |
2. Juli 1867 |
Mit dem deutschen kommunistischen Klub New Yorks schließt sich die erste Gruppe in den USA der IAA an. |
2.-8. September 1867 |
2. Kongress der IAA in Lausanne mit 72 Delegierten aus England, Frankreich, Deutschland, Belgien, Italien und der Schweiz. Zentrale Diskussionspunkte waren das Verhältnis der Arbeiterklasse zum Staat sowie die ökonomischen Grundlagen des Sozialismus. Marx‘ Anhänger sahen die politische Aktion der Arbeiterklasse als deren zentrales Betätigungsfeld, während die Proudhonisten eine antipolitische Haltung einnahmen und die Abschaffung des Staates forderten. Man einigte sich schließlich auf eine Resolution, in der festgestellt wird, dass „die soziale Emanzipation der Arbeiter unzertrennlich von ihrer politischen Emanzipation ist“. |
9.-12. September 1867 |
Genfer Friedenskongress, Gründungskongress der internationalen Friedens- und Freiheitsliga durch Vertreter der „demokratischen Bourgeoisie“ (Nettlau). An ihm nehmen auch 26 Delegierte des IAA-Kongresses als Gäste teil. Auf dem Kongress hält Bakunin, der Mitglied der Liga wird, eine Rede, in der er für die Zerschlagung des russischen Reiches, wie auch der europäischen Zentralstaaten und deren Ersetzung durch von unten aufgebaute Föderationen der freien Völker plädiert. |
Ende Dezember 1867 |
Massive polizeiliche Repression gegen die Pariser IAA-Sektion, zahlreiche ihrer führenden Mitglieder werden verhaftet. |
Frühjahr 1868 |
Streikwelle in zahlreichen Ländern Europas, in deren Verlauf die IAA ihre Aktionsfähigkeit unter Beweis stellt und dadurch zahlreiche neue Mitglieder gewinnt. |
Juli 1868 |
Bakunin wird Mitglied der Genfer Sektion der IAA |
9.-10. August 1868 |
Der Kongress der deutschsprachigen Arbeitervereine der Schweiz in Neuchâtel erklärt den Anschluss seiner Mitgliedsvereine an die IAA. |
6.-13. September 1868 |
3. Kongress der IAA in Brüssel mit ca. 100 Delegierten aus Belgien, Deutschland, Frankreich, England, Italien, Spanien und der Schweiz. Mehrheitliche Annahme – gegen die Stimmen der frz. Delegation – eines Antrages des belgischen Delegierten César de Paepe, in dem die Forderung nach Verstaatlichung von Bergwerken, Steinbrüchen und Eisenbahnen sowie der Sozialisierung von Grund und Boden erhoben wurde. Die Arbeiter sollten jedoch die Produktionsmittel durch Bildung von Produktivgenossenschaften und Organisation des gegenseitigen Kredits übernehmen. |
21-25. September 1868 |
Berner Kongress der Internationalen Friedens- und Freiheitsliga. |
25. September 1868 |
Gründung der Internationalen Allianz der sozialistischen Demokratie in Genf auf Initiative von Bakunin, mit dem Ziel, „der Internationale eine revolutionäre Organisation zu geben“. |
15. Dezember 1868 |
Der Generalrat der IAA lehnt die Aufnahme der Internationalen Allianz der sozialistischen Demokratie in die IAA ab. |
25. Dezember 1868 |
Gründung der belgischen Föderation der IAA, bestehend aus 60 Regionalgruppen, mit einem Föderalrat an der Spitze. |
2.-4. Januar 1869 |
Gründung der „Fédération romande“ der IAA in der welschen Schweiz unter Mitwirkung von Bakunin. Sie sieht in den Gewerkschaften, Streiks, dem Generalstreik und der sozialen Revolution die entscheidenden Hebel zur Überwindung des Kapitalismus. Genossenschaften werden als ein Mittel begrüßt, um die Arbeiter zur selbständigen Führung der Betriebe zu befähigen. Dem ökonomischen Kampf und der sozialen Revolution wird alles untergeordnet. |
24. Januar 1869 |
Gründung einer spanischen Sektion der Internationalen Allianz der sozialistischen Demokratie in Madrid, die sich gleichzeitig zur spanischen IAA-Sektion erklärt. |
31. Januar 1869 |
Gründung einer IAA-Sektion in Neapel. |
März 1869 |
Gründung einer IAA-Sektion in Barcelona. |
Frühjahr 1869 |
Streik der Genfer Bauarbeiter. Durch eine breite Solidaritätskampagne gelingt den Bauarbeitern abermals ein Sieg, wodurch sich der Einfluss der romanischen IAA-Sektion deutlich erhöht. |
7.-9. August 1869 |
Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Eisenach. Sie fordert ihre Mitglieder auf, sich individuell der IAA anzuschließen. |
30. August 1869 |
Gründung der niederländischen IAA-Sektion in Amsterdam. |
6.-11. September 1869 |
Baseler Kongress der IAA mit 78 Delegierten aus Belgien, Deutschland, Frankreich, England, Italien, Österreich-Ungarn, Spanien, den USA und der Schweiz. |
14. November 1869 |
Auf einer illegalen Arbeiterkonferenz in Bratislava/Preßburg bekennen sich die Delegierten zu den Prinzipien der IAA. |
November 1869 |
In mehreren Sitzungen des Generalrates wird die Haltung der IAA zum irischen Aufstand diskutiert. Einige Vertreter verteidigen den Status quo, d.h. die Zugehörigkeit Irlands zu Großbritannien, da letzteres ein Bollwerk gegen den frz. Bonapartismus darstelle. |
12. März 1870 |
Gründung einer russischen IAA-Sektion in Genf. |
4.-6. April 1870 |
2. Kongress der romanischen Föderation in La Chaux-de-Fonds: Auseinandersetzungen um die Aufnahme der bakunistisch dominierten Genfer Sektion der Internationalen Allianz der sozialistischen Demokratie, die schließlich zur Spaltung in eine kollektivistisch-antietatistische und etatistische (staatsbefürwortende) Richtung führt. Prinzipieller Streitpunkt waren die Rolle und Bedeutung von Genossenschaften. Der kollektivistische Flügel lehnt diese als Mittel der Emanzipation ab, ebenso wie die Beteiligung an den Institutionen und der Reformpolitik des bürgerlichen Staates. Die kapitalistische, politisch organisierte, Gesellschaft soll durch eine nach ökonomischen Kriterien organisierte Gesellschaft auf Basis von Gleichheit und Freiheit abgelöst werden. Die international verbundenen Gewerkschaftsorganisation werden als Mittel der sozialen Revolution angesehen. Die Etatisten hingegen sehen die „Nichtanteilnahme an der Politik als Schädigung der Arbeiterbewegung“. |
18. April 1870 |
Gründung der Pariser Föderation der IAA, in der sich 14 Sektionen vereinen. |
26. April 1870 |
Der Generalrat der IAA bricht die Verbindungen zur „Bee-Hive“, bis dato offizielles Organ der IAA, ab. |
4. Juli – 15. Juli 1870 |
Hochverratsprozess in Wien gegen 14 Sozialdemokraten, darunter Andreas Scheu und Heinrich Oberwinder, denen in erster Linie ihre Zugehörigkeit zur IAA zur Last gelegt wird. |
19. Juni 1870 |
Gründung der spanischen IAA-Föderation auf dem ersten Kongress der Sektionen Spaniens in Barcelona. Die Delegierten beschließen eine Resolution, in der politische Kampf abgelehnt wird. |
12. Juli 1870 |
Der Generalrat der IAA beruft den 5. Kongress der IAA für den 5. September 1870 nach Mainz ein. Aufgrund des deutsch-französischen Krieges muss der Kongress vertagt werden. |
12. Juli 1870 |
Manifest der Pariser IAA-Sektionen „An die Arbeiter aller Nationen“ gegen den Krieg. |
19. Juli 1870 |
Kriegserklärung Frankreichs an Preußen. |
23. Juli 1870 |
Erste Adresse des Generalrates der IAA „An die Mitglieder der Internationalen Arbeiterassoziation in Europa und den Vereinigten Staaten“ zum deutsch-französischen Krieg, in der der Krieg als Angriffskrieg von Seiten Frankreichs eingeschätzt wird. Gleichzeitig werden die Solidarisierungsbekundungen dt. und frz. Arbeiter begrüßt. |
2. September 1870 |
Kapitulation der kaiserlich-französischen Truppen in Sedan. |
4. September 1870 |
Proklamation der französischen Republik in Paris. |
5. September 1870 |
Versammlung Pariser IAA-Sektionen, in der die Verteidigung der frz. Republik als wichtigste aktuelle Aufgabe proklamiert wird. |
9. September 1870 |
Zweite Adresse des Generalrates der IAA über den deutsch-französischen Krieg. In ihr wird eine neue Etappe des Krieges, der nun in einen Eroberungskrieg von preußisch-deutscher Seite umgeschlagen ist, diagnostiziert. Es werden die Arbeiter der Welt aufgerufen, den Verteidigungskampf der frz. Republik zu unterstützen und die Pariser Arbeiter davor gewarnt, die frz. Regierung zu stürzen. |
28. September 1870 |
Aufstand in Lyon unter führender Beteiligung Bakunins, der eine Reihe von Erhebungen in Provinzstädten Südfrankreichs initiierte. |
31. Oktober 1870 |
Aufstand Pariser Arbeiter und von Teilen der Nationalgarde. Anhänger Blanquis setzen die Regierung fest und errichten einen Wohlfahrtsausschuss als Machtorgan. Der Aufstand wird aber nach kurzer Zeit niedergeschlagen. |
8. Februar 1871 |
Beteiligung von Kandidaten der frz. IAA-Sektionen an den Wahlen zur Nationalversammlung in Frankreich, von 44 Kandidaten werden jedoch nur 2 gewählt, die überwiegende Anzahl der Mandate geht an bekennende Monarchisten. |
18. März – 28. Mai 1871 |
Aufstand der Pariser Kommune. Pariser Arbeiter widersetzen sich der Entwaffnung der Nationalgarden durch die Regierungstruppen und vertreiben diese aus Paris. Dem Aufstand schließen sich weitere in mehreren Provinzstädten Frankreichs an. Bei den Wahlen zum Gemeinderat von Paris am 26. März werden 17 Vertreter der Pariser IAA-Föderation gewählt, die Mehrheit der Mandate geht an Vertreter des Kleinbürgertums – zumeist Blanquisten und Jakobiner. Zwei Tage darauf wird die Kommune in Paris proklamiert. Sie erklärt die allgemeine Volksbewaffnung und ersetzt die alten Machtorgane durch den Rat der Kommune. In einer „Erklärung an das französische Volk“ wird am 17. April „das Ende (…) der Ausbeutung, des Börsenspiels, der Monopole und Privilegien, welchen das Proletariat seine Sklaverei, das Vaterland sein Unglück und Verderben zuzuschreiben hat“ verkündet. |
21.-22. März 1871 |
Erste internationale Solidaritätskundgebung zur Unterstützung des Aufstandes in Paris in Villach (Österreich), zahlreiche weitere in mehreren Ländern (Belgien, Deutschland, England, Schweiz …) folgen. |
25. Mai – 11. Oktober 1871 |
Siegreicher Streik von ca. 9.500 Maschinenbauern in Newcastle für den Neunstundentag. Der Generalrat der IAA bewirkt, dass die vom Kontinent herangezogenen Streikbrecher in ihre Heimatländer zurückkehrten und trug damit maßgeblich zum Erfolg des Streiks bei. |
12. April 1871 |
Großkundgebung Londoner Arbeiter im Hydepark zur Unterstützung der Pariser Kommune. |
30. Mai 1871 |
Die von Marx verfasste Adresse des Generalrats der IAA „Der Bürgerkrieg in Frankreich“ wird verabschiedet. In ihr wird die Geschichte der Kommune als „die endlich entdeckte politische Form, unter der die Befreiung der Arbeit sich vollziehen konnte“, gewürdigt. Sie wird in zahlreiche Sprachen übersetzt und erreicht innerhalb Europas weite Verbreitung. |
Zweite Jahreshälfte 1871 |
Aufgrund der wütenden Angriffe Mazzinis auf die Pariser Kommune brach eine Mehrzahl der italienischen Arbeiterorganisationen mit diesem und schloss sich unter dem Einfluss Bakunins der IAA an. |
6. Juni 1871 |
In einer Zirkularnote warnt der frz. Außenminister Favre die europäischen Mächte vor der Internationale: „Europa steht einem Werk der Zerstörung gegenüber, welches gegen alle Nationen und gegen die Prinzipien selbst gerichtet ist, welchen alle Zivilisation beruht“ und verlangt die Auslieferung der Kommuneflüchtlinge. |
1. Juli 1871 |
Bismarck schlägt den europäischen Regierungen gemeinsame Maßnahmen und die Bildung einer Allianz gegen die Internationale vor, was jedoch an der ablehnenden Haltung der britischen Regierung scheitert. Im folgenden Jahr kommt es zu mehreren Konferenzen, hauptsächlich in Österreich-Ungarn, in denen gemeinsame Anstrengungen zur Unterdrückung der IAA beraten werden. |
17. – 23. September 1871 |
Londoner Konferenz der IAA mit 31 Delegierten aus Belgien, Deutschland, Frankreich, England, Irland, Italien, Spanien, der Schweiz und den USA. (Nach Nettlau: 23 Delegierte, davon 13 Vertreter des Generalrates.) |
15. Oktober 1871 |
In Kopenhagen wird eine nationale IAA-Föderation in Gestalt des Internationalen Arbeitervereins für Dänemark gegründet. |
25. Oktober 1871 |
Gründung des provisorischen Londoner IAA-Rates, der später als britische IAA-Sektion fungiert. |
12. November 1871 |
Kongress der Jurassischen Föderation in Sonvillier. Auf diesem wird ein Rundschreiben an die die Sektionen der IAA verabschiedet – das sogenannte Jurazirkular –, in dem der Generalrat beschuldigt wird, „das Prinzip der Autorität in der Internationale einführen zu wollen“ und die Begrenzung der Funktionen des Generalrates vorgeschlagen wird. Stattdessen wird darauf gedrungen, dass die heutige Organisation sich dem Ideal der künftigen Gesellschaft möglichst annähern soll: „Die Internationale, das Embryo der künftigen menschlichen Gesellschaft, muss schon jetzt das treue Bild unserer Grundsätze der Freiheit und der Föderation sein und jedes der Autorität, der Diktatur zustrebende Prinzip ausstoßen.“ |
28. Januar 1872 |
Gründung einer IAA-Sektion in Buenos Aires durch französische Emigranten. |
14. März 1872 |
Die frz. Regierung verabschiedet ein Ausnahme-Gesetz gegen die Internationale, in dem jedem, der „den Grundsätzen der Internationalen Arbeiterassoziation huldigt, sich ihr anschließt oder deren Mitglied bleibt“, mit Gefängnisstrafen zu bestrafen ist. |
18. März 1872 |
Festveranstaltung der IAA in London zu Ehren des 1. Jahrestages der Pariser Kommune. In den Folgejahren wird dieser Tag in vielen Ländern von organisierten Arbeitern als Feiertag begangen. |
4.-11. April 1872 |
2. Nationalkongress der spanischen IAA-Föderation in Zaragoza. Es kommt zu einer Spaltung, die neu gegründete Madrider Sektion unter Lafargue und Mesa orientiert sich am Londoner Generalrat, die Mehrheit der nationalen Sektionen steht jedoch auf Seiten Bakunins. |
Ende Mai 1872 |
Das von Marx und Engels ausgearbeitete und vom Generalrat gebilligte vertrauliche Zirkular „Die angeblichen Spaltungen in der Internationale“ wird den IAA-Sektionen zugesandt. |
6. August 1872 |
Gründungskongress der italienischen Föderation in Rimini. Die Delegierten wenden sich gegen die auf dem Londoner Konferenz beschlossenen Aufrufe an die Arbeiterklasse, sich als politische Partei zu konstituieren. Ferner wird dem Generalrat Betrug vorgeworfen und ihm jegliche Solidarität aufgekündigt. Gleichzeitig wird zu einem anti-autoritären Kongress in der Schweiz (Saint-Imier)aufgerufen. |
2.–7. September 1872 |
5. Kongress der IAA mit 61 Delegierten aus Deutschland, England, Belgien, Frankreich, der Schweiz, Holland, Dänemark, Österreich-Ungarn, Polen, Irland und den USA in Den Haag. |
15.-16. September 1872 |
1. Kongress der Föderalisten/Antiautoritären in Saint-Imier (Schweiz). Hier treffen sich die Vertreter der mit den Ergebnissen des Haager Kongresses unzufriedenen Sektionen und vereinbaren einen losen Zusammenschluss der oppositionellen, antiautoritären Elemente der IAA. Die dort versammelten Delegierten der IAA-Sektionen Italiens, Spaniens und des Jura lehnen die Beschlüsse von Haag und der Autorität des Generalrates ab und plädieren für einen freien Vertrag zwischen den autonomen nationalen Föderationen. Kongresse sollen nicht mehr ermächtigt sein, Gesetze zu verabschieden sondern lediglich koordinierende Funktionen übernehmen. Für unterlegene Minderheiten besteht keine Verpflichtung, sich den Beschlüssen der Mehrheit zu beugen. In einer Resolution wird die Zerstörung der politischen Gewalt als erste Aufgabe des Proletariats postuliert, die Diktatur des Proletariats hingegen verworfen. Streiks werden als das wirksamste Kampfmittel zur Vorbereitung der sozialen Revolution eingeschätzt, jedoch dürfe man sich keine Illusionen über deren unmittelbaren Resultate machen. |
September 1872 |
Demission und Abschiedsbrief Bakunins an die Genossen der Jura-Föderation: „... die internationale Reaktion hat ihr Zentrum heute nicht mehr in dem armen Frankreich ... sondern in Deutschland, in Berlin; und ihre Vertreter sind ebenso gut der Sozialismus von Marx als die Diplomatie von Bismarck.“ Nach dem Fall der Pariser Kommune und der Niederlage der span. Revolution 1873 gebe es eine völlig veränderte Ausgangslage für Revolutionäre: die Dominanz der Reaktion, der Glaube an eine baldige Revolution im Proletariat sei erloschen. „Die Hauptsache ist heute die Organisation der Kräfte des Proletariats.“ |
Dezember 1872 |
Kongress der spanischen Föderation in Cordova. |
März 1873 |
Kongress der italienischen Föderation in Bologna. |
7.-12. Juli 1874 |
Aufstände in Spanien, unter maßgeblicher Beteiligung der Internationale |
1.–6. September 1873 |
2. Kongress der Antiautoritären bzw. 6. Kongress der IAA in Genf mit Delegierten aus England, Spanien, Frankreich, Belgien, Holland, Italien und der Schweiz. |
8.–13. September 1873 |
Kongress des marxistischen Flügels der IAA in Genf 28 - mit durch J. Ph. Becker „gleichsam aus der Erde gestampften“ (Becker in einem Brief an F. A. Sorge) Delegierten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, der laut Marx in einem „Fiasko“ endet. |
7.–13. September 1874 |
3. Kongress der Antiautoritären in Brüssel mit Vertretern aus Belgien, Jura, Spanien, Frankreich, Deutschland, England und Russland. In den von den Delegierten vertretenen Ländern herrschen stark differierende Bedingungen, so dass wenig Verbindendes zu besprechen ist. Die Sektionen sind meist so sehr in ihre jeweiligen Problem verwickelt, dass wenig Interesse an stärkerer internationaler Verbindung herrscht. |
31. Juli – 2. August 1875 |
Kongress der jurassischen Föderation in Vevey. Auf ihm wird die Frage der öffentlichen Dienste in der zukünftigen Gesellschaftsorganisation, insbesondere im Hinblick auf die Verhinderung von Monopolen einzelner Arbeiterkollektive, diskutiert. Schwitzguébel warnt vor einer Spaltung der Arbeiterklassen in solche, die immer mehr zur Bourgeoisie aufrücken und solche, die – in weniger begünstigten Ländern – immer mehr verarmen. Er plädiert zudem für ein Nebeneinander verschiedener antikapitalistischer Strömungen, die in freiem Wettstreit die beste Lösung herausfinden sollen. |
1. Juli 1876 |
Bakunin stirbt in Bern. |
15. Juli 1876 |
Eine Konferenz der IAA in Philadelphia mit 11 Mitgliedern des Generalrates beschließt die Auflösung der IAA. |
1. Oktober 1876 |
Kongress der belgischen Föderation in Antwerpen. Auf ihm wird zu einem internationalen sozialistischen Kongress 1877 in Belgien aufgerufen, zu dem alle Sektionen der Internationale, wie auch alle anderen sozialistischen Organisationen eingeladen werden. |
26. – 29. Oktober 1876 |
4. Kongress der antiautoritären Internationale in Bern. Angesichts des russisch-türkischen Krieges und der großen Kriegsbegeisterung in Russland plädiert N. Joukovski für eine allgemeine Enthaltung der Sozialisten gegenüber allen Kriegsparteien und die Umwandlung eines allgemeinen Krieges in die soziale Revolution. Die Versammelten unterstützen diese Position und verurteilen den Krieg als einen Versuch, „von der sozialen Frage abzulenken“. |
6.–8. September 1877 |
5. Kongress der Antiautoritären in Verviers mit Vertretern des Jura, Frankreichs, Russlands, Spaniens, Deutschlands, Belgiens, Griechenlands und Ägyptens. |
9.–16. September 1877 |
Allgemeiner sozialistischer Kongress in Gent mit mehr als 40 Delegierten – darunter 11 direkt vom Kongress in Verviers kommend – aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien, Ungarn und der Schweiz sowie unter lebhafter Teilnahme der belgischen Arbeiter. Das Ziel der Einigung und der Gründung einer neuen Internationale scheitert jedoch an den Gegensätzen zwischen Sozialdemokraten und Anarchisten. Es wird eine Resolution Guillaumes angenommen, nach der die für einen Solidaritätsvertrag zwischen den vertretenen Organisationen notwendige „Übereinstimmung in den allgemeinen Prinzipien und in der Anwendung der Kampfesmittel“ nicht vorhanden sei. Stattdessen solle man sich gegenseitig respektieren – und getrennter Wege gehen. Damit war die Trennung zwischen den beiden Richtungen endgültig besiegelt. |
April 1878 |
James Guillaume, über 10 Jahre führender Vertreter des jurassischen und internationalen Anarchismus, erklärt seinen Austritt aus der Internationale. |
3.-5. August 1878 |
Kongress der jurassischen Föderation in Fribourg mit nur 8 Delegierten, darunter Kropotkin. |
14.-19. Juli1881 |
Letzter Kongress der anarchistischen Internationale in London. Als Delegierte waren u. A. Kropotkin, Malatesta, Most, Peukert, Neve, Louis Michel vertreten. Ziel des Kongresses ist der engere Zusammenschluss der anarchistischen und sozialrevolutionären Gruppen Europas. Kropotkin schlägt die Bildung von zwei Organisationen vor – eine große, öffentliche „Internationale der Arbeitskämpfe“ und eine kleine, geheime als aktionsorientierte „Arbeiterverschwörung für Handlungen des ökonomischen Kampfes“. Angesichts des oft gewaltsamen staatlichen Vorgehens gegen Streiks empfahl der Kongress den Arbeitern aller Länder den Einsatz von Bomben als Mitteln des Klassenkampfes. |
2.-4. Oktober 1881 |
Internationaler sozialistischer Kongress in Chur (Schweiz) mit 19 Vertretern aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Dänemark und den USA. Von der Bildung einer neuen Internationale wird Abstand genommen, da dafür die Arbeiterbewegung in vielen Ländern noch nicht reif genug sei. |
Quellen
Braunthal, Julius: Geschichte der Internationale. Band 1. Berlin, Bonn 1978
Brupbacher, Fritz: Marx und Bakunin. Ein Beitrag zur Geschichte der Internationalen Arbeiter-Assoziation und zur Diskussion über antiautoritären und autoritären Kommunismus. (Reprint des Institut für Praxis und Theorie des Rätekommunismus Berlin, 1969). München 1922
Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Hg.): Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung in Daten. Berlin 1986
Nettlau, Max: Der Anarchismus von Proudhon bis Kropotkin. Geschichte der Anarchie, Band II. Bibliothek Thélème, 1993
Nettlau, Max: Anarchisten und Sozialrevolutionäre. Geschichte der Anarchie, Band III. Bibliothek Thélème, 1996